»Bin ich nur ein Gott, der nahe ist, spricht der HERR, und nicht auch ein Gott, der ferne ist?« Jeremia 23,23 (L)
Der Prophet Jeremia bekam von Gott den Auftrag zu den Israeliten zu sprechen, als das Volk sich von Gott abgewandt hatte und anderen Götzen und Göttern vertraute und ihn und seine Lehren verlassen hatte. Gott macht unmissverständlich klar, dass dieses Verhalten Konsequenzen nach sich zieht und legt Jeremia entsprechende Worte in den Mund.
Jeremia klagt darüber, dass falsche Propheten die Menschen eher von Gott wegbringen als zu ihm hin. Anstatt ihnen Gottes Gebote vorzuhalten und sie zur Umkehr aufzurufen, schmeichelten sie ihnen und bestärkten sie auf ihren falschen Wegen. Dabei wiegten sie sich in falscher Sicherheit. Sie meinten, Gott würde das einfach so hinnehmen. Aber da meldete sich Gott durch Jeremia, seinen wahren Propheten, zu Wort und sagte:
»Ich bin nicht der nahe Gott, über den ihr verfügen könnt, ich bin der ferne Gott, der über euch verfügt. Niemand kann sich so gut verstecken, dass ich ihn nicht doch entdecken würde. Es gibt keinen Ort im Himmel und auf der Erde, an dem ich nicht wäre!«
Gott hatte uns Menschen Grenzen aufgezeigt. Er sagt sinngemäß: bis hierher und nicht weiter. Gott zeigt uns die Konsequenzen auf. Gott ist nahe und als naher Gott ist er ein Gott der Liebe und ein Gott, der die Furcht vertreiben will, ein Gott, der meine Furcht vertreiben will. Er ist mir nahe in den Menschen um mich herum, in dem guten und manchmal vielleicht auch dem harten Wort, das mir nahegebracht wird.
Gleichzeitig ist er aber auch ein nicht greifbarer, eben nicht verfügbarer Gott, einer, der wie ein Feuer wütet und wie ein Hammer, der Felsen zerschlägt. Es ist die Unnahbarkeit Gottes, die Unverfügbarkeit und auch die Unberechenbarkeit, die wir manchmal im Leben spüren und die uns auch manchmal Schmerzen macht, auch tiefe Schmerzen.
Für manche erschließt sich Gott gerade in schwierigen Lebenssituationen, gerade dann wird Gott erfahrbar. Aber für viele wird er im Leid zum Problem, sein freundliches Gesicht verschwindet. Nähe und Distanz: Auch unsere Beziehung zu Gott ist offenbar von diesem Gegensatz bestimmt. Beides gehört zusammen, Gott ist ein Gott, der nah ist und fern sein kann.
Vermutlich kennt jeder von uns solche Momente, in denen Gott fern und dunkel ist. Diese Spannung müssen wir aushalten in einem lebenslangen Lernprozess. In unserer Zuneigung für den freundlichen Gott dürfen wir die dunkle Seite nicht ausblenden, aber versuchen, den freundlichen Gott nicht zu verlieren, wenn es schwer wird im Leben.
Die Botschaft der Bibel ist nicht nur der Zuspruch der Liebe und Gnade Gottes, sondern auch der Anspruch Gottes auf unser ganzes Leben.
S. Schüring