zum Monatsspruch Juni 2025

»Mir aber hat Gott gezeigt, dass man kei­nen Men­schen unhei­lig oder unrein nen­nen darf.« (Apos­tel­ge­schich­te 10,28)

Folgt man den His­to­ri­kern, so ist unser Monats­vers Teil einer ent­schei­den­den Wen­de in der Geschich­te des jun­gen Chris­ten­tums: Die Erkennt­nis des Petrus, dass nicht das Gesetz oder er selbst zu ent­schei­den hat, wer wür­dig ist, von Chris­tus zu erfah­ren, ist ein wich­ti­ger Schritt, den Mis­si­ons­be­fehl Chris­ti nicht nur unter den Juden, son­dern in der gan­zen Welt zu erfüllen.

Die meis­ten wer­den die Geschich­te ken­nen, wie Petrus zu die­ser Erkennt­nis kommt. Als ich Kind war, gab es Die Bibel im Bild, eine Comic-Umset­zung bibli­scher Geschich­ten. Und ich mei­ne mich gut an das zuge­hö­ri­ge Bild zu erin­nern: Über einem Petrus, der sich unru­hig im Schlaf wälzt, erscheint ein gro­ßes Tuch, von den dar­in ent­hal­te­nen Tie­ren kann man nur Bei­ne oder Köp­fe sehen. Und Got­tes Stim­me muss Petrus drei­mal dazu auf­for­dern, von die­sen – für ihn als Juden – unrei­nen Tie­ren zu essen, bis er end­lich auf­wacht und die Män­ner, die der römi­sche Haupt­mann Kor­ne­li­us nach ihm schickt, vor sei­ner Tür stehen.

Petrus erkennt anhand sei­ner Visi­on, dass Unrein­heit nichts ist, was Men­schen fest­le­gen kön­nen. Er schließt dar­aus, dass es egal ist, ob ein Mensch Jude ist oder Nicht­ju­de, damit er an Chris­tus glau­ben und ihm nach­fol­gen kann. Er ver­kün­det dem Kor­ne­li­us und – wie zu der Zeit üblich – des­sen gan­zem Haus­halt die gute Nach­richt und sie­he da: Der Hei­li­ge Geist kommt über alle Anwe­sen­den. Damit wird es offen­sicht­lich: Auch die Nicht­ju­den müs­sen von Chris­tus erfahren!

Wie geht es mir mit die­ser bibli­schen Geschich­te? Erken­ne ich immer, dass Got­tes Lie­be zu allen Men­schen kei­ne Gren­zen kennt, egal, ob ich nun mei­ne, die­ser oder jener sei nicht für den Glau­ben bereit, nicht der Mühe wert oder habe die gute Nach­richt sogar über­haupt nicht ver­dient? In einer Welt, in der wir ger­ne den soge­nann­ten sozia­len Netz­wer­ken, bestimm­ten Par­tei­en oder Poli­ti­kern vor­wer­fen, dazu bei­zu­tra­gen, Men­schen ande­rer Her­kunft, Reli­gi­on oder sexu­el­ler Ori­en­tie­rung aus­zu­gren­zen – mache ich mich nicht häu­fig genug ähn­li­cher Über­le­gun­gen schul­dig? Vor Gott sind alle Men­schen gleich, haben alle eine Chan­ce ver­dient, ganz egal, wer sich – bild­lich gespro­chen – in dem Tuch befin­det, dass in mei­nen Träu­men über mir hängt. Umso wich­ti­ger, dass wir es die Men­schen in unse­rem Umfeld spü­ren las­sen, dass sie aus Got­tes Per­spek­ti­ve wich­tig sind. Und viel­leicht kann das ja auch dazu bei­tra­gen, dass die­se Welt auch ein Ort wird, der für alle lebens­wert ist und in dem Popu­lis­mus und Het­ze kei­ne Nah­rung finden.

A. Hell­wig