nachgedacht zum Monatsspruch März 2025

»Wenn bei dir ein Frem­der in eurem Land lebt, sollt ihr ihn nicht unter­drü­cken.« (3. Mose 19,33)

In Levi­ti­kus (3.Mose) erhält das Volk Isra­el Vorschriften/Gesetze für das Zusam­men­le­ben. Man­che wer­den bis ins kleins­te Detail, über gan­ze Kapi­tel, beschrie­ben. Die­ser Vers steht für sich, mit einem klei­nen Anhang: Er soll bei euch woh­nen wie ein Ein­hei­mi­scher unter euch, und du sollst ihn lie­ben wie dich selbst; denn ihr seid auch Frem­de gewe­sen in Ägyp­ten. Ich bin der Herr, euer Gott.
Kei­ne Aus­füh­rungs­be­stim­mun­gen, wie soll ich ihn umsetzen?
Doch die ers­te Fra­ge ist: Wer ist für mich ein Fremder?

Auf dem Bild mei­nes Kalen­ders mit den Monats­sprü­chen ist eine Schaf­her­de abge­bil­det, ein wei­ßes Gewu­sel, am Rand ein ein­zi­ges schwar­zes Schaf – ist das der Frem­de? Doch dann sehe ich in der Mit­te einen schwar­zen Kreis, die Nase eines Hun­de­kop­fes, der sich über die Schafs­rü­cken erhebt. Ist dies der Frem­de? Wer ist der Frem­de? Ein Außen­sei­ter, das schwar­ze Schaf oder der wei­ße Hund, dicht umdrängt, von den Scha­fen kaum zu unter­schei­den? Wer ist der Frem­de auf dem Bild?

Ein Frem­der in unse­rem Land! Gera­de in der heu­ti­gen Zeit ein sehr bri­san­tes The­ma. Doch WIR/ICH unter­drü­cken doch nie­man­den! Schau­en wir ein­mal nicht auf das Land, son­dern auf unser per­sön­li­ches Umfeld: Wer ist da der Frem­de in unse­rem, in mei­nem Leben, im Leben unse­rer Gemeinde?

Und da ist wie­der die Fra­ge: Wer ist für mich ein Fremder?
Der Nach­bar, des­sen Koch­düns­te das gan­ze Trep­pen­haus durch­drin­gen? Die Per­son, die bet­telnd mir den Weg ver­sperrt? Da gibt es sicher vie­le Bei­spie­le, wo mir Men­schen »fremd« sind, und es muss dar­un­ter gar kei­ner sein der einen Migra­ti­ons­hin­ter­grund hat.

Wo gibt es dann sogar den »Frem­den«, den wir in Gefahr ste­hen zu unter­drü­cken, in der Gemein­de? Nein, sagen wir, das gibt es bei uns nicht! Doch – wo fängt die Unter­drü­ckung an? Beginnt es nicht schon da, wo Men­schen sich aus­ge­schlos­sen füh­len? Kei­nen Platz fin­den in unse­ren fest­ge­füg­ten Grup­pen und Krei­sen? Wo wir vor lau­ter Geschäf­tig­keit, den eige­nen Sor­gen und Pro­ble­men, das Gespräch, die Anteil­nah­me ver­ges­sen oder dafür ein­fach kei­ne Zeit mehr bleibt? Wie sehen das Men­schen, die neu zu uns kom­men? Wie sehen das Men­schen, die ein­mal bei uns waren und nun nicht mehr »da« sind? War ich viel­leicht auch ein­mal der »Frem­de«, und wie habe ich mich da gefühlt? Wer hat mich da als »Ein­hei­mi­scher« behandelt?

Vor Jah­ren war ich ein­mal im Aus­land, wo ich mich nur über den beglei­ten­den Dol­met­scher ver­stän­di­gen konn­te. Wir waren bei einer ein­hei­mi­schen Fami­lie ein­ge­la­den, und ich habe mich den gan­zen Abend über mit nie­man­dem unter­hal­ten kön­nen (der Dol­met­scher wur­de von den ande­ren in Beschlag genom­men). An den Rand gescho­ben, wie das schwar­ze Schaf, aus­ge­grenzt, unbe­ach­tet, allein gelas­sen. Wo hand­le ich genau­so? Wo unter­drü­cke ich, viel­leicht ganz unbe­wusst, aber mit gro­ßem Kum­mer für mein Gegenüber?

Monats­sprü­che stel­len mir oft mehr Fra­gen, als dass sie Ant­wor­ten gäben. Sie stel­len mein Leben, mein Han­deln auf den Prüf­stand. Nun habe ich einen Monat Zeit, nicht nur dar­über nach­zu­den­ken, son­dern mei­ne Begeg­nun­gen anders, bes­ser, d.h. lie­be­vol­ler zu gestal­ten. Wie sehen Deine/Eure Ant­wor­ten und Reak­tio­nen aus? Der Vers endet mit der Zusa­ge: »Ich bin der Herr, euer Gott«. Bit­ten wir Gott um sei­ne Hil­fe, sei­nen Bei­stand in all unse­rem Tun, in unse­rem Leben und dem unse­rer Gemeinde.

M. Stemm­ler