»Jesus Christus spricht: Kommt und seht!« (Joh.1,39)
Liebe Lesende,
in unserem Monatsspruch für den Januar 2022 geht es um die ersten Jünder im Johannesevangelium. Direkt nach Jesu Taufe durch Johannes, den Täufer passiert es: Jesus geht am Täufer und an zwei seiner Schüler oder Jünger vorbei. Johannes sagt: »Siehe, das ist Gottes Lamm!« – Das genügt. Die beiden Schüöer folgen daraufhin Jesus nach.
Jesus merkt das, selbstverständlich. Und er fragt sie: »Was sucht ihr?« – Die beiden antworten nicht auf Jesu Frage, sondern stellen ihrerseits eine Gegenfrage: »Rabbi (= Lehrer), wo wirst du bleiben? – Kurz: Sie haben sich entschlossen mit Jesus zu gehen. Er merkt das und antwortet (gegen 16 Uhr nachmittags, so sehr weit wäre man an dem Tag nicht mehr gekommen): Kommt und seht!
Manches erschließt sich, wenn man sich erstmal drauf einlässt. Beim Glauben gibt es zwei Typen von Menschen: Die einen tun den ersten Schritt, vielleicht trotz aller Bedenken und Zweifel, ob das alles richtig ist. Die Attraktivität des Neuen, ja, des neu ausgerichteten Lebens sind so groß. – Und die anderen sind eher sehr vorsichtig. Sie wissen sehr sehr viel, zum Glauben, zur Beziehung mit Jesus, kommen sie nicht.
Ich denke an eine Erzählung Albrecht Gralles namens »Der weiße Pullover«, in der er schildert, wie jemand an einem sonnigen Tag in ein Restaurant geht, jedenfalls sieht es aus wie eines. Ihm kommen unterschiedliche Menschen entgegen, die glücklich aussehen, wenngleich dem Ich-Erzähler auffällt, dass sie alle weiß gekleidet sind. Ein Passant sagt, dass das Essen umsonst sei, oder jedenfalls ohne Geld. Aber: Der Zugang zur Gaststube führe über einen Umkleideraum und Duschen.
Seltsam, denkt der Erzähler. – Ob er hier falsch ist? Aber er hat kein anderes Restaurant gesehen. Also lässt er sich drauf ein und geht zur Tür des Umkleideraums. Da hängt ein Heft mit Hinweisen. Er liest, dass er sich duschen soll und neue Kleider bekommen solle.
Was ist dabei, ein paar Kleider zu verlieren. Menschenraub hält er für ausgeschlossen, niemand wusste, dass er kommt. Auch sahen die Entgegenkommenden glücklich aus… Niemand wusste, dass er kommt, es konnte also keine Werbung sein.
Er zieht sich aus, und merkt, wie er an seiner Kleidung hängt. Am Pullover, den seine Freundin ihm gestrickt hat, an der Hose aus Sizilien. Dass jemand die verschwitzte Unterwäsche wegräumen soll, das ist ihm unangenehm. Er verlässt die Kabine und steht im Dampf eines großen Duschraumes, in dem andere sind, und sich vorsichtig duschen. – Peinlich! Er hatte sich das alles privat vorgestellt. Da fällt ihm ein: Der Ausgang geht ja über die Gaststube. Die Umkleidekabine kann er nicht mehr öffnen von dieser Seite.
Er blickt sich um, und die anderen sind auch – wie er selbst – ganz gewöhnliche Menschen, keine Models, keine Schönheiten. Nun erscheint ihm sein Rückzug-Gedanke lächerlich. Er beginnt über sich selbst zu lachen. Und das steckt die anderen an. Er duscht und geht zu den bereitgelegten neuen Kleidern.
Beim Muster des Pullovers stockt er: Das ist das Muster seines Pullovers, den seine Freundin ihn gestrickt hat. Bloß: Ganz in weiß. Ebenso ist es mit der Hose: Seine sizilanische Hose, die zu kaufen und deren Preis auszuhandeln so ein Vergnügen war, bloß ganz in weiß.
Mit einer Gruppe anderer, weiß-Gekleideter geht er in die Gaststube. Es gibt Brot und Wein.
Kommt und seht!
F.W.