»Jesus antwortete: Ich sage euch: Wenn diese schweigen werden, so werden die Steine schreien.«
(Lukas 19,40)
Ein wenig Zusammenhang ist hier nötig: Diese Aussage von Jesus ist die Antwort auf die Aufforderung der Pharisäer, der jubelnden Menge bei seinem Einzug nach Jerusalem am Palmsonntag Einhalt zu gebieten. Zu groß war ihre Angst, der Jubel könnte in einen Aufstand umschlagen, der wiederum die römische Armee auf den Plan rufen würde. Den Frieden im Lande und – vielleicht noch schlimmer – ihre eigene Autorität sahen sie so gefährdet.
Man erkennt, dass die Pharisäer die Rolle nicht verstanden hatten, die Christus in der Geschichte spielen würde. Trotz der vielfach vorhandenen Zeichen sahen sie in ihm nur einen Aufrührer, einen Rebellen. Sie konnten nur die politische Sei- te seines Wirkens erkennen – wahrscheinlich, weil diese Seite auch in ihrem Leben einen immer größeren Platz einnahm und ihre eigentliche Rolle als religiöse Lehrer immer mehr verdrängt hatte. Tatsächlich hat wohl auch die jubelnde Menge nur wenig begriffen: sie sahen in Christus einen möglichen neuen König, der sie von der Herrschaft der Römer befreien könnte. Nicht ohne Grund wandten sich viele schon bald von ihm ab und forderten vor Pilatus sogar, an seiner Stelle den Mörder Barabbas freizulassen.
Nicht die politische, sondern die heilsgeschichtliche Dimension steht im Zentrum des Palmsonntags und der darauf folgenden Karwoche: Christi Tod und Auferstehung zur Tilgung unserer Sündenlast ist der eigentliche Grund zum Jubel. Und weil der Jubel der Menge hier von falschen Voraussetzungen ausgeht, sind es die eigentlich leblosen Steine, die – wie man es aus manchem Psalm kennt – die Ankunft Christi in Jerusalem und die Aussicht auf Gottes Rettung für die Menschheit unhörbar für die Anwesenden bejubeln.
Auch in meinem Leben wird vieles bestimmt vielleicht nicht durch die große Politik, aber doch durch das Tagesgeschehen, meinen Alltag, meinen Beruf, meine Hobbys usw. Geht es dir auch so? Nehmen wir uns ein Beispiel nicht an der Angst der Pharisäer oder der fehlgeleiteten Freude der anonymen Menge, sondern an dem tiefen Verständnis der Steine von der Liebe Gottes zu dieser Welt, die in Tod und Auferstehung seines Sohnes deutlich wird und freuen – nicht nur vor Ostern – bewusst an unserem Herrn!
A. H.