»Gott muss man mehr gehorchen als den Menschen« (Apg. 5,29)
Diesen Satz erwidern die Apostel vor dem jüdischen Rat, als man sie dafür anklagte, dass sie trotz aller Verbote immer noch in aller Öffentlichkeit von Jesus errichteten und unter den Menschen seine Lehren verbreiteten. Ein sehr mutiges Bekenntnis. Alle Verbote und Einschüchterungsversuche sowie die Androhung von Strafen hatten offensichtlich keinen Erfolg. Als ich diesen Vers las, musste ich auch an Martin Luther denken. Er dachte nicht daran, seine Thesen vor dem Kaiser und der Kirche zu widerrufen. Am Ende seine Rede vor dem Reichstag in Worms sagte er: »Daher kann und will ich nichts widerrufen, weil wider das Gewissen etwas zu tun weder sicher noch heilsam ist. Gott helfe mir, Amen!«
Dieser Satz »Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen« ist für jeden Herrscher, jede Regierung, jeden Anführer eine Zumutung. Er ist Ausdruck einer nicht kontrollierbaren anderen Macht, die letztendlich auf den Gläubigen mehr Einfluss hat als die weltliche Macht und Autorität. Dieser einfache klare Satz ist ein Aufruf zum Ungehorsam in vielen Lebensbereichen.
Das heißt nicht, dass Christen alles verweigern sollen, was von staatlicher Autorität gefordert wird. Jesus selbst sagt ja: »Gebt dem Kaiser was des Kaisers ist.« Aber wir geben nicht unseren Glauben auf, indem wir zum Beispiel einen Despoten anbeten oder einen anderen Gott. Wir stellen uns mit diesem kurzen Satz außerhalb des Machtanspruches der Herrschenden. Aber auch
dem Machtanspruch des Volksempfindens und der geforderten Normalität, um dazugehören zu können. Machen wir mit beim Volkssport Steuerhinterziehung und Schwarzarbeit oder riskieren wir mitleidiges Grinsen, wenn wir keine Quittung nehmen, um private Ausgaben dienstlich zu verrechnen? Auch in diesen Nuancen des bürgerlichen Miteinanders zeigt sich, dass wir einen eigenen König haben.
Am Ende des Kapitels (Apg. 5) heißt es: »Das alles haben wir zu bezeugen und durch uns bezeugt es der Heilige Geist, den Gott denen gegeben hat, die ihm gehorchen… Die Apostel ihrerseits verließen den Hohen Rat voll Freude darüber, dass Gott sie für würdig geachtet hatte, um des Namens Jesu willen Schmach und Schande zu erleiden. Unbeirrt lehrten sie auch weiterhin Tag für
Tag im Tempel und in den Privathäusern und verkündeten die gute Nachricht, dass Jesus der Messias ist.« Und das ist auch gut so, denn sonst hätte es das Evangelium vielleicht gar nicht bis in unsere heutige Zeit geschafft.
St.P.